„Wir waren in den letzten zwei Jahren auf vielen Messen und haben erkannt: Bisher gibt es nur Insellösungen. Es gibt Lernmanagement-Systeme, VR-Umgebungen und AR-Szenarien. Aber es gibt kein System, das wie unser LUMIS Campus alles vereint. Da sind wir Vorreiter!“, berichtet Dr. Markus Ringer. Der LUMIS Campus bündelt die am Markt vorhandenen Einzellösungen in einem „digitalen All-in-One Lernökosystem“, wie der ABBO-Projektleiter es nennt.

Mit einem einzigen Login tauchen User in ein Lernmanagementsystem (LMS) auf Moodle-Basis und einen VR-Space mit Campus, Lernräumen, Messebereich und Eventlocation und VR-Lernszenarien ein. Übergänge und Verknüpfungen zwischen dem LMS und dem VR-Space sind möglich. Der LUMIS Campus bietet Nutzerinnen und Nutzern damit ein breit gefächertes Lernerlebnis vom E-Learning im LMS über virtuelle, von Lehrkräften individuell gestaltbare Lernszenarien bis hin zu immersiven Events und Messen – wahlweise per PC oder VR-Brille.

Ortstermin der virtuellen Realität

Zeit für einen Ortstermin in der virtuellen Realität. Markus Ringer meldet sich an und wählt einen Avatar aus. Dieser kann sogar mit eigenem Foto individualisiert werden. Vom Eingangsbereich des VR-Space führt Ringer zu den „Learn-Hubs“. Diese Lernräume wird das InnoVET-Projekt ABBO zunächst für sein Berufsorientierungsformat „Frühausbildung“, die „Hightech-Module“ zur Weiterbildung von KMU-Personal und zur Schulung von Berufsbildungspersonal nutzen.

Lehrkräfte können die Lernräume und Unterrichtseinheiten selbst gestalten. Hierzu können diese auf eine „3D-Bibliothek“ mit virtuellen Objekten, wie zum Beispiel einen Elektromotor, zugreifen. Die weiteren Gebäude „Denkwelt“ und „Future Lab“ sind der echten Realität beim Projektträger Lars und Christian Engel (LUCE) Stiftung im ostbayrischen Weiherhammer nachempfunden.

Über eine Brücke läuft Markus Ringers Avatar auf eine kleinere Insel: Hier erwartet uns der Messebereich. Die Stände sind bereits mit den Logos der Partnerunternehmen gestaltet. Diese können sich hier im Rahmen von Berufsorientierungsevents Jugendlichen aus der Region präsentieren und Kontakte zu potenziellen Auszubildenden knüpfen. Auf der zweiten kleinen Insel wartet der Event-Bereich: Eine Art modernes Amphitheater ermöglicht Veranstaltungen mit einer großen Zahl von Teilnehmenden jeglicher Art.

In VR-Szenarien echte Arbeitssituationen trainieren

Besonderes Highlight sind die VR-Szenarien, bei denen Auszubildende und Fachkräfte in 3D echte Arbeitssituationen trainieren können. So gilt es beim „Stern-Dreieck-Anlauf“ etwa, virtuell und mit verschiedenen Schwierigkeitsniveaus die Elektroverteilung an einem Sicherungskasten einzurichten. Dabei müssen alle Arbeitsschritte bedacht und richtig angewandt werden – mit direktem Feedback zum Erfolg.

Universell rund um die Berufsausbildung einsetzbar

Der LUMIS Campus mit allen seinen Funktionalitäten soll zukünftig für Schulen und Unternehmen zur Nutzung offenstehen – in der Region Oberpfalz und darüber hinaus. Dabei ist er universell einsetzbar für Berufsorientierung, berufsschulische und betriebliche Ausbildung, Prüfungsvorbereitung, Weiterbildung von Fachkräften und Lehrpersonal.

Projektleiterin Linda Hellmold gibt ein Beispiel für den Einsatz in der Ausbildung. „Virtuelle Modelle etwa von einem Elektromotor bieten ganz neue Möglichkeiten: Es kann jetzt ein Kurs stattfinden, in dem sich jeder Einzelne die Maschine genau anschauen, diese bedienen und zerlegen kann – das ist in der Realität ja sonst kaum möglich.“ Gerade bei teuren Gerätschaften oder potenziell gefährlichen Aufgaben ist das ein Vorteil. Außerdem wird Lernen dadurch flexibler, denn VR-Szenarien wie der Stern-Dreieck-Anlauf können jederzeit abgerufen werden und bis zur Perfektion geübt werden.  Und zuletzt entlastet es das Ausbildungspersonal, wenn sie nicht alle Lerninhalte live vermitteln müssen, sondern Auszubildende sich diese sich über E-Learning und VR-Szenarien selbst aneignen können.

Beeindruckend und herausfordernd

Bei Unternehmen machen die VR-Szenarien oder der Messebereich mächtig Eindruck, wie Markus Ringer berichtet. Gerade auf Live-Veranstaltungen wirken sie wie ein Magnet. „Da müssen wir hin, das ist aber interessant, das hätten wir gar nicht gedacht!“, berichtet der Projektleiter von den Reaktionen bei der Präsentation des neuen Angebots. Und auch die Schulen zeigen starkes Interesse und wollen in der projekteigenen einwöchigen Schulung lernen, wie sie selbst 3D-Objekte erstellen können.

Zugleich steht das Projektteam mit seinem innovativen Angebot auch vor Herausforderungen: Zum einen gilt es, den vielfältigen Nutzergruppen die umfassenden Mehrwerte des LUMIS Campus zu vermitteln. „Die Unternehmen haben Interesse, aber die sind nur dann dabei, wenn für sie ein Mehrwert rausspringt“, weiß Markus Ringer. Wenn sie also zum Beispiel über die virtuelle Messe tatsächlich Auszubildende gewinnen können.

Und es gilt Vorbehalte abzubauen, dass der Auftritt im virtuellen Messebereich oder der Einsatz von E-Learning-Einheiten oder VR-Szenarien in der schulischen oder betrieblichen Ausbildung nur mit viel Vorwissen und Aufwand möglich ist. „Es ist gar nicht so schwer und wir unterstützen die Nutzerinnen und Nutzer natürlich dabei“, sagt Linda Hellmold.

Offen für alles und nach deutschen Standards

Nach Ende der Projektlaufzeit von ABBO im Herbst 2024 wird der LUMIS Campus von der LUCE Stiftung weiterbetrieben werden. Er ist damit langfristig für Kunden verfügbar und steht Unternehmen, Schulen, Universitäten offen. „Unser Vorteil ist: Wir sind in Deutschland ansässig, es gilt deutsches Recht und das Ganze ist DSGVO-konform. Das Potenzial für Transfer und das Interesse daran ist deshalb sehr groß!“, betont Markus Ringer.

Autor: Benjamin Dresen