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Innovation und Transfer gestalten können : Datum:

Nicht einzelne Genies schaffen Innovationen in der Berufsbildung – sondern Bildungspersonal, das in kreativen Gestaltungsprozessen zusammenarbeitet. Die InnoVET-Begleitforschung an der Universität Paderborn nimmt die InnoVET-Projekte unter die Lupe, um herauszufinden: Was braucht es für Innovation und Transfer? Und wie gelingen Innovationsprozesse?

Begleitforschung Paderborn
Copyright: Adobe Stock / Gorodenkoff

Die Arbeitswelt verändert sich rasant – und die Berufsbildung muss Schritt halten. Gefragt sind: Innovationen und ihr Transfer in die Berufsbildungspraxis.

Aber nicht jeder Mensch „kann“ Innovation und Transfer, und nicht überall gelingen sie. Also, was braucht es dafür?

Das Team der InnoVET-Begleitforschung an der Universität Paderborn möchte herausfinden, welche Fähigkeiten und Rahmenbedingungen wichtig sind für Innovation und Transfer in der Berufsbildung – und wie sie gefördert werden können.

Um das zu erforschen, bietet InnoVET für die Wissenschaft eine besondere Chance: Schließlich werden in 17 Förderprojekten ganz unterschiedliche Innovationen für die berufliche Bildung entwickelt, von Fortbildungslehrgängen auf neuen Niveaustufen bis zu hybriden Angeboten beruflicher und akademischer Bildung.

Mit Teamarbeit zum Erfolg

Ziel ist es, ein Portfolio wichtiger Kompetenzen zu bestimmen. „Sie können sich das wie einen Beruf mit dem Handlungsfeld Innovieren vorstellen“, erklärt Prof. Dr. H.-Hugo Kremer. Kommunizieren und Interagieren mit Menschen sind eine wichtige Basis – was nicht heißt, dass Innovieren nur etwas für Extrovertierte wäre. „Ich vergleiche das mit einer guten Fußballmannschaft: Sie braucht verschiedene Typen.“

Ja, richtig – Innovationen in der Berufsbildung sind Teamarbeit, und zwar in mehrfacher Hinsicht:

Nachwuchsgruppe InnoVET-Begleitforschung Universität Paderborn
Die Gestaltung und -umsetzung des Forschungsprojekts erfolgt durch eine Nachwuchsgruppe: Dr. Marie-Ann Kückmann, Dr. Desiree Daniel-Söltenfuß, Friederike Breuing, Joelle Fuhrmann (von links oben nach rechts unten).

Das gilt einerseits für die Entwicklung der Innovationen selbst. Nicht einzelne Genies erschaffen sie, sondern Bildungspersonal, das in kreativen Gestaltungsprozessen daran arbeitet – vom Ersteller des Lehrplans bis zu den Personen, die ihn später in Betrieb und Berufsschule umsetzen.

Das gilt andererseits für die Institutionen: „Die Verantwortung für Innovationen liegt nicht in einem Zentrum, sondern bei den vernetzten Bildungsakteuren insgesamt“, sagt Dr. Marie-Ann Kückmann. Nicht ein einzelner zentraler Akteur der Berufsbildung ist verantwortlich – sondern alle!

Schließlich ist die Berufsbildung komplex aufgebaut: Betriebe, Berufsschulen, Bildungsdienstleister und bei hybriden Angeboten auch Hochschulen sowie Bund, Länder und Sozialpartner sind gemeinsam verantwortlich. Innovation muss in diesem System organisationsübergreifend entwickelt werden.

Ein Werkzeugkasten für Innovationsprozesse

 „Wir wollen einen Werkzeugkasten anbieten, den Akteure der Berufsbildung nutzen können, um Innovationsprozesse zu gestalten“, sagt Dr. Desiree Daniel-Söltenfuß. „Was ich mir sehr gut vorstellen kann, sind Weiterbildungsmodule zur Entwicklung von Kompetenzen, zum Beispiel zu Change-Management“, erklärt Daniel-Söltenfuß. Schließlich zeige sich in der Literatur, dass es in Organisationen häufig Widerstände gegenüber Veränderungsprozessen gebe.

Um aufzudecken, auf welche Fähigkeiten und Rahmenbedingungen es für Innovation und Transfer wirklich ankommt, gilt es im ersten Schritt zu klären, was denn die Projekte unter den Begriffen überhaupt verstehen. Denn das ist entscheidend dafür, wie sie Innovations- und Transferprozesse gestalten.

Über Bilder zum Kern der Begriffe

Um das herauszufinden, führte das Forscherteam im Sommer 2022 mit allen 17 Projekten Interviews. Dabei bediente es sich einer besonderen Methode: Während Desiree Daniel-Söltenfuß die Gespräche leitete, dokumentierte Marie-Ann Kückmann das Gespräch live und bildlich in sogenannten „Sketch Notes“. „Auf der Ebene der Alltagssprache ist es schwer an den Kern zu gelangen. Über die Bilder ist es einfacher an die subjektiven Verständnisse und damit an die Prozesse zu kommen“, erklärt Kückmann.

Schaubild Begleitforschung Paderborn
Die Interviews mit den InnoVET-Projekten zeigten unter anderem, was diese unter Innovation verstehen. Die Ergebnisse wurden in Sketch-Notes wie diesem dokumentiert.

Häufig erläuterten die Interviewpartner die Begriffe anhand des eigenen Projekts – genau das hatte sich das Forscher-Team erhofft. Innovationen werden aus Sicht der Projekte ganz wesentlich durch ihren Neuigkeitsgehalt bestimmt. Sie reichen vom Anspruch, etwas vollständig Neues zu erschaffen, bis zur Vorstellung, Bewährtes neu zu kombinieren oder zu adaptieren. Transfer sehen einige Projekte als eine Voraussetzung dafür, dass Innovationen überhaupt erst entstehen. Andere sehen Transfer als Voraussetzung, damit Innovationen wirken können.

Inhaltlich ging es auch darum, welche Bedingungen für Innovation und Transfer gegeben sein müssen und was Herausforderungen sind. Erste Ergebnisse zeigen, dass personale Aspekte wie Motivation, Fingerspitzengefühl, Interaktion, Vernetzung, Vertrauen sehr wichtig sind, damit die Prozesse gelingen. Aktuell werten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Interviews aus, um im nächsten Schritt ausgewählte InnoVET-Projekte in Einzelfalluntersuchungen genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bildungspersonal fit machen für Innovation und Transfer

Professoren InnoVET-Begleitforschung Universität Paderborn
Das Projekt wird von den Professoren des Departments Wirtschaftspädagogik an der Universität Paderborn gemeinsam getragen: Prof. Dr. Marc Beutner, Prof. Dr. Tobias Jenert, Prof. Dr. H.-Hugo Kremer, Prof. Dr. Peter F. E. Sloane (von links oben nach rechts unten).

Mit den Erkenntnissen, welche Fähigkeiten Bildungspersonal für Innovation und Transfer braucht, will das Forscher-Team anschließend konkrete, anwendbare Produkte entwickeln und erproben. Das gesamte System der beruflichen Bildung soll so von den Erkenntnissen der InnoVET-Begleitforschung profitieren.

Das könnten etwa Weiterbildungsmodule oder Workshops sein, die wichtige Inhalte und Fähigkeiten vermitteln und das Innovationsverständnis fördern. Hierbei arbeiten die Paderborner Forschenden mit dem Design-Based-Research-Ansatz: Auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse wird ein erster Prototyp entwickelt. Dieser wird erprobt und die Erfahrungen werden erfasst, um den Prototypen zu überarbeiten, bevor er nochmals in die Erprobung geht. Die Projekte sowie reale und potenzielle Transfernehmer werden hierbei mit eingebunden.

Die Erkenntnisse aus der Begleitforschung fließen außerdem kontinuierlich in den Austausch mit Wissenschaft und Praxis ein. So gibt es im März 2023 bei den Hochschultagen Berufliche Bildung in Bamberg einen Workshop zum Thema „Interaktion und Vernetzung in Innovationsprozessen“.

Das Projekt wird von den Professoren des Departments Wirtschaftspädagogik an der Universität Paderborn gemeinsam getragen. Die operative Projektgestaltung und -umsetzung erfolgt durch eine Nachwuchsgruppe, in der je zwei Post-Doktorandinnen und zwei Doktorandinnen zusammen an der Beantwortung der Forschungsfragen arbeiten.

Neben der Universität Paderborn sind an der InnoVET-Begleitforschung als Standorte die Universität Magdeburg sowie das Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn beteiligt und kooperieren eng.

Zum Beitrag „Wie Innovationen die Berufsbildung verändern“ über die InnoVET-Begleitforschung an Universität Magdeburg

Zum Beitrag „Wie gelingt Innovations-Transfer?“ über die InnoVET-Begleitforschung am Bundesinstitut für Berufsbildung

Autor: Benjamin Dresen