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Großes Thema in kleinen Lektionen: fit für den Online-Unterricht im Handwerk : Datum:

Das InnoVET-Projekt „ProNet Handwerk“ schult Bildungspersonal, um erfolgreiches digitales Lernen zu ermöglichen. Eine Untersuchung zeigt: Der Bedarf ist groß, und die Pandemie wirkte wie ein Booster für das Thema.

Als das Projektteam von ProNet Handwerk 2019 seinen InnoVET-Förderantrag schrieb, war Corona noch eine Biersorte und Ausbildung eine ziemlich analoge Angelegenheit. Digitales Lernen war die Ausnahme und eine Zukunftsvision, an die Lehrpersonal behutsam herangeführt werden sollte. Niemand konnte ahnen, dass Online-Unterricht schlagartig zum Normalfall werden – und bleiben würde.

eCampus Handwerk
Copyright: ZWH/Kathrin Jegen

„Der Bedarf, Lehre und Prüfungen zu digitalisieren und das Lehrpersonal entsprechend weiterzubilden, ist durch die Corona-Pandemie nochmal deutlich größer geworden“, sagt Projektleiterin Anke Hallwaß von der Zentralstelle für Weiterbildung im Handwerk (ZWH). „Wir haben den Nerv der Zeit getroffen.“

Schlüssel für den Gesamterfolg des Projekts

Das Projekt ProNet Handwerk entwickelt – als eines von vier Projektzielen – Weiterbildungen, die Bildungspersonal im Handwerk fit machen für den Online-Unterricht. Die Seminare fördern die didaktisch-methodischen Fähigkeiten sowie Medien- und IT-Kompetenzen von Dozentinnen und Dozenten und schaffen so die Grundlagen für erfolgreiches digitales Lernen und gelungene Blended-Learning-Angebote.

Eine erste Seminarreihe vermittelt dafür ab Ende März das Handwerkszeug für guten Online-Unterricht. Weitere Seminare schulen die Teilnehmenden außerdem zu den im Projekt entwickelten Produkten, damit diese von möglichst vielen Handwerkskammern, Bildungszentren und Fachverbänden eingesetzt werden: Da wäre zum einen die neue Lernplattform „eCampus Handwerk“, mit der Bildungszentren des Handwerks in Zukunft organisationsübergreifend gemeinsame Bildungsangebote umsetzen können und die eine gute Kommunikation und Kollaboration von Lernenden und Lehrenden ermöglichen soll. Zusätzlich wird eine Prüfungssoftware entwickelt und auf dem eCampus angedockt, mit der Prüfungsleistungen und -bewertungen digital erfasst werden können.

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„Der Bedarf, Lehre und Prüfungen zu digitalisieren und das Lehrpersonal weiterzubilden, ist groß. Wir haben den Nerv der Zeit getroffen.“

Anke Hallwaß, Projektleiterin

Die Seminare sind aber auch ein Schlüssel für den Gesamterfolg des Projekts: Sie qualifizieren die Dozentinnen und Dozenten für die neuen gewerkeübergreifenden Fortbildungen für die Bau- und Ausbauberufe im Handwerk, die das Projekt ab Herbst anbietet. Diese finden im Blended-Learning-Format statt, und eCampus und Prüfungssoftware kommen hier bereits zum Einsatz. Die Fortbildungen starten als Zertifikatslehrgänge und werden später mit zusätzlichen Modulen zu den Abschlüssen Bachelor Professional und Master Professional erweitert.

Befragung zeigt großen Weiterbildungsbedarf

Damit die Seminare die Bedürfnisse des Lehrpersonals möglichst genau erfüllen, befragte das Projektteam zwischen Dezember 2020 und März 2021 rund 40 Bildungsverantwortliche und 235 Dozierende aus Handwerkskammern und Zentralfachverbänden. Dabei ging es um die Verwendung digitaler Medien in den Bildungszentren des Handwerks sowie um Wünsche und Einstellungen zu digital gestützter Aus-, Fort- und Weiterbildung. „Wir wollten herausfinden: Was wünscht sich das Lehrpersonal? Wie sind die Bedingungen, damit Lehrpersonen an Weiterbildungsangeboten teilnehmen? Und wie schaffen wir es, ein maßgeschneidertes Weiterbildungsprogramm aufzusetzen?“, erklärt Projektmitarbeiterin Astrid Dolle von der ZWH.

ProNet_Diagramm
Copyright: ZWH

Die zentralen Ergebnisse: „Die Dozierenden benötigen Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Blended-Learning-Angeboten. Das ist ein großes Thema, das die Bildungsverantwortlichen und Dozierenden bewegt“, berichtet Astrid Dolle. Das Konzept des Blended Learning kombiniert den Präsenzunterricht mit modernen Formen des E-Learnings. Gefragt sind außerdem Angebote zur Aktivierung von Lernenden sowie zur Verwendung von Learning Management Systemen (LMS) und interaktiven Whiteboards/Smartboards. Aus Sicht der Befragten gibt es aktuell nicht genügend Weiterbildungsangebote zu diesen Themen.

Eine weitere wichtige Erkenntnis: Das Lehrpersonal hat nur geringe zeitliche Kapazitäten, um an Weiterbildungen teilzunehmen. „Wir haben von allen Seiten mitgegeben bekommen: Macht es so kompakt wie möglich, beschränkt euch lieber auf kleinere, praxisorientierte Themen als einen großen Zusammenhang darstellen zu wollen“, sagt Astrid Dolle. Es zeigte sich außerdem, dass die Kenntnisse und Haltungen der Befragten sehr unterschiedlich sind: „Es gibt Dozierende, die interessiert und schon total fit sind, wenn sie digitale Medien in ihrem Unterricht einsetzen. Es gibt aber auch Dozierende, die große Berührungsängste und Sorgen haben und sich in der Corona-Pandemie nicht gut abgeholt fühlen.“

Großes Thema in kleinen Lektionen

Box: zitat

„Wir haben von allen Seiten mitgegeben bekommen: Macht es so kompakt wie möglich.“

Astrid Dolle, Projektmitarbeiterin

Das Projekt stellte sich also der Herausforderung: ein großes Thema wie Blended Learning aufschnüren und in kleinen, praktisch anwendbaren Lektionen vermitteln. Das berücksichtigt die geringen zeitlichen Ressourcen wie auch die unterschiedlichen Kenntnisstände der Lehrkräfte. Es erleichtert außerdem die Entscheidung, neben der Arbeit an einer zusätzlichen Weiterbildung teilzunehmen.

In den ersten vier Seminaren ab Ende März geht es daher zunächst um Grundlagen für strukturierten, zielführenden Onlineunterricht. Zur Erinnerung: Auch die neuen gewerkeübergreifenden Fortbildungen finden im Blended-Learning-Format statt, auch hierfür sind diese Inhalte wichtig:

  • Erfolgreich im virtuellen Klassenzimmer (28.3./4.4.2022): Die Teilnehmenden lernen Tipps und Tricks der Online-Kommunikation und -Interaktion kennen. Sie erfahren, wie sie Unterricht mit guter didaktisch-methodischer Planung, aktiver Gestaltung des Miteinanders und organisatorischer Vorbereitung gestalten können.
  • SMART ans Lernziel (5.4./12.4.2022): Hier steht das Formulieren von Lernzielen im Fokus. Sie sind die Grundlage für die Entwicklung von Blended-Learning-Lehrgängen. Außerdem geben sie den Lernenden Orientierung und Motivation und fördern selbstreflektiertes Lernen.
  • Flipped Classroom (14.4./21.4.2022): Bei dieser Methode wird die Unterrichtsorganisation umgekehrt. Wissen, das die Teilnehmenden vorab erarbeitet haben, wird im Unterricht angewendet und vertieft. Die Methode findet zunehmend Verwendung in Blended-Learning- und Online-Formaten.
  • Methodenbeispiele für den Online-Unterricht (27.4./4.5.): Lange Input-Phasen lassen Lernende schnell ermüden. Vielfältige und abwechslungsreiche Unterrichtsmethoden erhöhen dagegen die Aufmerksamkeit der Lernenden. Das Seminar stellt bewährte Methoden vor.
ProNet_Seminare
Copyright: ZWH

Jedes Seminar besteht aus mehreren Phasen: Am Anfang steht ein einstündiges Online-Seminar, das Input zum Seminarthema sowie Impulse zur praktischen Anwendung bietet und mit einem Arbeitsauftrag endet. Dieser könnte etwa lauten: Wie eröffne ich sinnvoll ein Onlineseminar? Zusätzlich vertiefen sich die Teilnehmenden über Materialien auf der Lernplattform wie Web-Based-Trainings oder kleine Quiz in das Thema. Hierbei können bereits erste Ideen für den eigenen Unterricht entstehen.

Nach einer Woche kommen die Teilnehmenden zu einer „Sprechstunde“ zusammen, um gemeinsam Fragen zu diskutieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Denn, auch das wurde in der Bedarfsanalyse klar: Informelles Lernen etwa im Kollegenkreis ist für digitale Kompetenzen von großer Bedeutung. Zwei Wochen nach dem Seminar reichen die Teilnehmenden ihr Arbeitsergebnis ein und erhalten ein konstruktives Feedback.

Weitere Seminare ab Herbst 2022

Die erste Staffel der Seminare im Frühjahr 2022 richtet sich vor allem an die Dozentinnen und Dozenten der am Projekt beteiligten Handwerkskammern. Aber es sind noch wenige Plätze frei, daher lädt Anke Hallwaß interessierte Personen ein, sich anzumelden.

Für alle, die sich keinen Platz mehr sichern konnten, gibt es eine gute Nachricht: Ab Herbst starten weitere Durchgänge der Seminare. Sie richten sich an das gesamte Lehrpersonal im Handwerk in Bildungszentren und Betrieben. Nach erfolgreicher Erprobung wird die Zentralstelle für Weiterbildung im Handwerk (ZWH) die Seminare dauerhaft anbieten. Denn – auch das ist ein Ergebnis der Umfrage: Die meisten Befragten erwarten, dass Online-Unterricht auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Handwerk spielt.

Das InnoVET-Projekt ProNet Handwerk

  • Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V. (ZWH): Verbundkoordination, gewerkeübergreifende Fortbildungen, eCampus Handwerk, Qualifizierungsangebote für Lehrpersonal, Prüfungssoftware, Evaluation und Qualitätssicherung, Öffentlichkeitsarbeit
  • Handwerkskammer Dresden: gewerkeübergreifende Fortbildungen
  • Handwerkskammer Erfurt: gewerkeübergreifende Fortbildungen
  • Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz: gewerkeübergreifende Fortbildungen
  • Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik (HPI): gewerkeübergreifende Fortbildungen, Evaluation
  • Hochschule Ruhr West (HRW): gewerkeübergreifende Fortbildungen
  • Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH: Prüfungssoftware

Autor: Benjamin Dresen